Wolfgang Hilger

BERNHARD BARK oder DER KLUGE NACHBAR VON NAVRATILS ZAUBERGARTEN


Bernhard Barek hat sich als Künstler eine Welt geschaffen und an dieser hält er auch unbeirrt fest. Hier bewegt er sich in skurril-kauzigen Bilderwelten, und allein die Polarität zwischen Bareks Alltagsrealität und den Produkten seiner Phantasie, die bei genauerer Analyse gar nicht so phantastisch sind, ist ein höchst merkwürdiges, Neugierde erweckendes Faktum. Dabei hat alles so einfach angefangen. Schon lange vor dem Studium an der Wiener Akademie verband Barek eine Schulfreundschaft mit Walter Navratil (1950-2003). Dieser, später selbst ein bemerkenswerter magisch-realistischer Maler, war Sohn des Psychiaters Leo Navratil, der an der Heil- und Pflegeanstalt in Klosterneuburg-Gugging als Entdecker, Interpret und Förderer der Bildwerke und -welten seiner Patienten Aufsehen erregte, das dortige „Haus der Künstler" begründete und damit internationale Anerkennung fand. Leo Navratil sah in den von ihm angeregten künstlerischen Arbeiten nicht nur eine hilfreiche Therapie, sondern er erkannte auch das eigenständige kreative Potential seiner Schützlinge. Barek, der damals in Klosterneuburg lebte, saß, vermittelt durch seinen Jugendfreund, sozusagen an der Quelle. Er lernte die Arbeiten der „Gugginger Schule" durch unmittelbaren Kontakt zu den Patienten kennen und begann sich intensiv mit den Vorstellungswelten dieser „zustandsgebundenen" Künstler auseinander zu setzen. Im Grunde sind für Barek diese Erfahrungen bis zum heutigen Tag ein gültiges, natürlich durch Wissen und eigene Erfahrung erweitertes Potential. Ein ganz wesentlicher Unterschied zwischen Barek und den Gugginger Künstlern darf jedoch nicht vergessen werden: Barek agiert im Bewusstsein, dass er sich freien Willens und mit der Freiheit des Künstlers seiner Stilmittel und Ausdrucksformen bedient.

Es war Otto Breicha (1932-2003), der als nimmermüder Talentesucher und -finder bei Bareks allererster Ausstellung in Graz (1973) schrieb: „Barek ist draufgekommen, was am Hässlichen schön, am Banalen interessant, am Phantastischen wirklich ist (und vice versa)." Diese Konvertierbarkeit ästhetischer Usancen, ein Kennzeichen jeder „art brut", hat auch für Bareks Werk bis heute uneingeschränkte Gültigkeit. Doch Barek überlässt nichts dem Zufall. Wohl bewandert in der europäischen Kunstgeschichte, hat er sich an Künstler wie A. Dürer, G. Arcimboldo, A. Brouwer, J. S. Chardin oder J. Ensor herangemacht, hat Mythen und Märchen befragt und daraus Einzelbilder oder Motive herausgefiltert, die sich, gesehen durch Bareks keineswegs „zustandsgebundene" Brille, als autonome, ironisch-verfremdete und durchaus zeitbezogene Interpretationen und Metaphern oft erst auf den zweiten Blick zu erkennen geben. Man glaubt zu erkennen, was man sieht, und ist dennoch irritiert, verunsichert, erheitert - oder auch verärgert -, man knüpft eigene Assoziationen, glaubt mit dem Wissen um die Gugginger Einflüsse manches erklären zu können, und verheddert sich so in einer von Lemuren, Geistern und schrillen Geschöpfen bevölkerten Welt, aus der man nicht sofort zurückfindet.

Seit 1985 bevorzugt Barek eine zyklische Arbeitsweise, d. h. er ist bemüht, seine Zeichnungen einem bestimmten Themenbereich zuzuordnen. Manche Inhalte beruhen auf Schlagzeilen und Bildern der Tagespresse, doch diese nehmen bei Barek eine neue Dimension an. So verwandelte er die bekannte Reise des Papstes zu den Papuas in ein schrilles Maskenspiel, in dem sich der Pontifex als magischer Zauberer unter verwandten anthropomorphen Paradiesvögeln wiederfindet und eigentlich keine Chance hat, missionarisch tätig zu werden.

Eine Serie von Buntstiftzeichnungen ist dem Thema „Paare" (1995-2000) gewidmet und damit einem vielschichtigen und abstrakten Thema. Wie soll oder kann man das Wesen einer Beziehung verbildlichen? Zitate aus dem kunsthistorischen Fundus lassen an Paare aus dem Rokoko oder aus dem Biedermeier denken, weiters erkennt man wilde Frisuren der Pop-Ära und sonstiges modisches Accessoire. Bareks schrille Pärchen sind in ihren Beziehungen erstarrte Lemuren und bei aller wohldosierten Ironie eigentlich Schreck- und Warnsignale der Zwangszweisamkelt.

Auch Hunde zwingt Barek in die verschiedensten Verkleidungen zu schlüpfen. Als schlanke bizarre Figurinen haben sie sich längst in Wesen verwandelt, die hinsichtlich ihres Habitus' das Menschengeschlecht an Eitelkeit zu übertreffen versuchen (2000-2003).

Eine weitere Liebe des Künstlers gehört der durch und durch schrägen Musikgruppe „ Drahdiwaberl", die den längst alt gewordenen früheren Insidern der Wiener Szene in bester Erinnerung sein dürfte. Den Helden dieser anarchisch-happeningartigen Konzerte der 70er und 80er Jahre hatte Barek bereits 1993 Blätter der Erinnerung gewidmet. In einem kleinteiligen, vielfigurigen Bild (2004), das nicht zufällig mit seiner Menschenmenge an Ensors frühe Radierungen erinnert, wird die Atmosphäre der „Drahdiwaberl"-Konzerte verklärt, und es entstand aus dem Erinnern eine säkulare lkone der Wiener Pop-Kultur.

Seit den 80er Jahren wagt sich der Zeichner Barek auch an die Staffelei. Er erinnerte sich, in grauer Vorzeit, in der Akademie-Klasse Anton Lehmdens, mit Ölfarben experimentiert zu haben. Natürlich weiß er, das diese Rückkehr zu Pinsel und Leinwand, dazu noch in fortschreitend altmeisterlicher Manier, ein weiterer Anachronismus ist, aber die Ergebnisse können sich durchaus sehen lassen. Plötzlich lugen große Augen aus finsteren Hintergründen hervor. Zauberwesen und Hexen, Dämonen und wilde Medizinmänner haben Barek Model gesessen, um in künftigen Ahnengalerien präsent zu sein. In Öl, fast lebensgroß, steht ein durch seine Kleidung wahrhaft bunter Hund vor uns, mit einer brennenden Kerze und einem Blumenstrauß an Rituale erinnernd, die den Menschen fremd geworden sind.

Zuletzt wandte sich Barek deutlich der eigenen Vergangenheit zu. „Im Paradiesgarten" (2004) heißt eine Paraphrase auf ein bekanntes spätmittelalterliches Bildchen, einstens beschaulicher Balsam für naive Nonnenseelen. In dem umschlossenen Garten des Vorbildes hat Barek zerschnittene ältere Zeichnungen und Graphiken collageartig eingefügt, diese übermalt und überzeichnet. Die Idylle ist der Konfrontation mit sich selbst gewichen. Ein Bild als Zusammenschau und Rechtfertigung des bisherigen Werkes? Ein Versuch, die Zeit zum Stehen zu bringen?

Im Laufe der Beschäftigung mit Bareks Arbeiten passierte dem Autor dieses Textes etwas Merkwürdiges. Er vergaß beinahe, wo die künstlerischen Wurzeln dieses Künstlers liegen. Die in formaler Hinsicht unbestrittene „,Gugginger Prägung" war nicht mehr relevant, sobald die Inhalte der Bilder in den Vordergrund traten und damit das Bemühen, diese Inhalte mit der Persönlichkeit des Künstlers in Bezug zu setzen. Daraus ergab sich das Bild eines beharrlich seines Weges gehenden Künstlers, der sich der Mode des zeitgeistigen Paradigmenwechsels und seiner Theorien verweigert. Dass eine neue Generation von Kunstvermittlern und Interpreten zu Bareks Kunst nur schwer Zugang findet, liegt auch darin, dass diese Leute das Zuhören (und das Lesen) weitgehend verlernt haben. Vor allem dann, wenn diese Geschichten in einem höchst reizvollen Dialekt erzählt werden.

Otto Breicha

ÜBER BERNHARD BAREK

Bareks zeichnerisches Repertoire kennt einige wenige Themen: dastehende Figuren mit Zutaten je nachdem, Häuser und Himmelsburgen. Die Figuren überwiegen bei weitem. Sie sind so gut wie immer in die Bildmitte gesetzt, das Blatt der Länge nach steil teilend. Nicht auf das Was, sondern auf die Zurichtung, auf die Einzelheiten kommt es an. Wie man dieselbe Figur immer wieder anders zeichnen kann, beschäftigt den jungen Niederösterreicher. Daß das Verschiedene immer wieder ähnlich aussieht, ist die Besessenheit der Resultate.
 
Er macht aus Bildern Bilder. In einer (nicht nur örtlichen) Nachbarschaft zu den Hauslandschaften, Flugschiffen und Körperidolenfiguren eines Johann Hauser rändert er die paar Farben, die er sich zugesteht, in ein festes Gerüst aus Graphitschwärze. Auf der besonders großen Zeichnung einer Doppelhemisphären-Landkarte steht das Wort „Weltende“ geschrieben, mit Fragezeichen dazu. Es ist fraglich, ob Barek das gewisse Gedicht eines gewissen Jakob van Hoddis kennt („Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen / An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken"), aber gewiß hat er Bilder und Ausstellungen jenes Arnulf Rainers gesehen, der durch Haltung und Mache der österreichischen Gegenwartskunst eine ganz bestimmte Radikalität einbrockte: seine „Malerei, um die Malerei zu verlassen". Bareks gelängte Scheuchen kommen ebenso niemandem entgegen. Sie sind allenfalls merkwürdig und (um ein paar Ecken herum) aufregend brisant. Ich kenne Leute, die noch vor ein paar Jahren ihre Schiele-Bilder von der Wand nahmen, wenn Besuch angesagt war.
 
Ein paar Jahre Handzeichnen hat Barek ein Figurenwerk eingetragen, das durchaus „auf der Stelle tritt": hochgeschossene Schreckwesen mit allerhand Behang, in Korsette und Frisuren gezwängt, Fassaden mit Kuppel und Getürm, bedeutungsträchtige Kleiderkataloge, der Herr Hund im Jägerrock. Vor allem wird beim Zeichnen abreagiert: Schlagwetterstimmung, Liebes- und Rachegefühle. Im übrigen ist das Bösartige des Wildlings gefinkelt und versteckt durchtrieben. Wahrscheinlich wird man sich, spätestens in ein paar Jahren, an den Schreck gewöhnt haben, die „Reize", die dabei mitspielen, entdecken und schätzen lernen.
 
1972 hat Barek (überhaupt zum ersten Mal in seinem Leben) in dem für Entdeckungen vorbehaltenen graphischen Stüberl des Forum Stadtpark ausgestellt. Für einen gerade durch Trunkenheit verhinderten Redakteur habe ich damals, am Beginn meiner Grazer Tätigkeiten, eine Ausstellungsbesprechung verfaßt, die prompt verschwitzt wurde und in der es hieß: „,Die zum Schäumen gebrachte, angeblich aufs Brutalistische verschworene vague styrienne schäumt dieses Mal vom Weidlingbach her. In Kierling, wo Kafka siechte, ist Barek daheim. Wie andere vor und mit ihm ist Barek draufgekommen, was am Häßlichen schön, am Banalen interessant, am Phantastischen wirklich ist (und vice versa).
 
Wie die Ausstellung zeigt, hat er es mit Hexen und Hexern. Sein zumeist frequentiertes Motiv sind Damenbildnisse, garantiert porträtunähnlich, mit Aufputz, Wams und Schirm wahrhaftiger als die Wahrheit, mit unsäglicher Mitte und finstergeschminkten Maskengesichtern. Gelegentlich gibt es auch eine Baldachin-Architektur oder feuerspeiende Droschke.
 
Bei alledem ist Barek kein Dunkelbold. Er mag die Farbe, nur versteckt er sie. Damit sie nicht im Bild herumgeistert, faßt er sie wie Kleinodien. Seine Kreationen haben mit den javanischen Schattenspielfiguren allerhand gemeinsam. Durch graphitschummrige Strichelung wird aus der Gestalt eine Erscheinung, freudianisch gespickt und grimmig aufgetakelt, larvenmäßig hergerichtet. Bareks „Damen" sind mitunter pelzig wie Hummeln und schnappen in ihren Scharniere wie Gottesanbeterinnen. Es ist gewiß sowas wie „persönliche Ausstrahlung" mit dabei, Spaß mit Flinserln, Mord und Totschlag.

Andreas Spiegl

Ein Museum des Staunens

Bernhard Barek hat sie über Jahre zusammen getragen, gesammelt die Motive und Fundstücke, die ihm über den Weg gelaufen sind, ihn angesprochen, ja in Bann gezogen haben, um sie aufzugreifen, in die Hand zu nehmen, ja Hand anzulegen, um sie nochmals zu erschaffen, zu zeichnen, zu übersetzen für eine Sprache jenseits der Begrifflichkeit, für eine Grammatik des Staunens, das hier beschrieben werden will. Fast vergessen scheint der Begriff, den Immanuel Kant so oft ins Feld geführt hat, um der Unüberschaubarkeit der Welt Ausdruck zu verleihen, sie zu skizzieren als »Mannigfaltigkeit«. Mit jedem Blick auf die Welt ergibt sich ein weiteres Weltbild, ein Gewächs aus Raum und Zeit, die sich mannigfach entfalten, sich der finalen Definition entziehen, sich sperren gegen Grenzen, die Verstand und Vernunft wie eine Schlinge um sie ziehen, um ein Wort daraus zu destillieren, das dem Entfalten ein Ende setzt, sie diszipliniert zum Ding, sie zu Tieren erklärt, zu Pflanzen, zur Landschaft im Namen der Natur. Barek sammelt sie auf, aus Büchern, aus Fotos, aus dem Alltag, der ihn umgibt, ihn stöbern lässt im Horizont einer verlorenen Suche nach der Enzyklopädie: Lebte diese noch von der Hoffnung, eines Tages die gesamte Welt erfassen zu können, sie zu beschreiben, abzubilden im Rhythmus des Alphabetisierens, in der Geste des Taufens, jedem Ding seinen Namen zu geben und diesen selbst zu explizieren, zu erhellen das Unüberschaubare im Schatten eines Turms von Babel, so hält sich Barek an das Zyklische, an das Insistieren der Wiederkehr: Wieder Tiere, nochmals Fische, Blätter und Grimassen, die nächste Zeichnung, eine im nächsten Jahr, noch ein Jahr später die nächste, die doch bereit ist, nochmals zurückzuschauen, ins Jahr 2006, zurück an den Beginn einer Serie, die nicht geplant war, sich ergeben hat, ohne Anfang und ohne Ziel. Selbst die erste Zeichnung dieser Reihe setzt fort, was schon in anderen Arbeiten angedeutet war, sich angekündigt hat als Prinzip, dem der Ursprung so unbekannt erscheint wie das Ende. Was sich als Ende der Serie von Zeichnungen vermittelt, als Spektrum von dann bis dann, weiß um seine Vorläufigkeit, mithin die Möglichkeit, dass wider Erwarten eine nächste Zeichnung entsteht, um das Zyklische wie all die letzten Jahre wieder aufzugreifen, in Gang zu setzen ein intuitives Gesetz von Raum und Zeit. Ästhetisch betrachtet erinnern die Zeichnungen ans Gesetzmäßige, das nur eine Annäherung ans Gesetz umschreibt, eine Art Gesetz, das keines ist aber diesem verwandt ist, indem es etwas erwarten lässt, etwas ähnliches, mit dem man rechnen kann wie mit der Präzision des Ungefähren. 2006. 2007. 2009. 2011 und weiter: Es wird wohl wieder eine Figur in der Mitte des Bildraums gewesen sein, hineingesetzt wie eine Stele, entrückt genau im Zentrum des Bildes, sich bereit erklärt für einen Moment zu erscheinen, schwebend umgeben vom Chor der Motive und Fundstücke, sich exponiert in der Szenerie der Sammlung. Sieht aus wie eine Spinne da drüben, ein Gespinst schon in der Mitte, erscheint wie ein Faden und fadenbeinig, zart wie jener von Ariadne, wie eine Mythos, der sich des Worts entzieht, sich emanzipiert von der Sprache der Zeichen. Ein Speer, ein paar Federn, über die ein Paradiesvogel fliegt, sich versagt, dem Anthropomorphen ins Antlitz zu schauen. Maskerade und Ornamente erinnern ans Ritual, ans Archaische und Anarchische, das inmitten der Gegenwart ausbricht, sich mannigfach entfaltet, um die Namen zu revolutionieren, zu verwerfen die aufklärerische Geste, die Dinge beim Namen zu nennen, sie zu kontrollieren mit Passwörtern der Verdinglichung. Farbstifte. Farbkreiden. Wellen auf der Wasseroberfläche als gäbe es ein Naturgesetz so variabel wie die Vorstellung von Licht, von Farben, von Wellenlängen, von Newton über Goethe bis Schopenhauer. Diese Zeichnungen appellieren an die fransigen Ränder der Sprache, folgen weniger dem Wort als der Hand, die den Augen folgt, um die Vorstellung zu korrigieren, um zu zeigen, was man nicht sagen kann. Sie haben keine Angst vor dem Riss, vor dem Herausreißen aus dem Zusammenhang: Da gibt es dieses Getier, das herausgeschnitten wird, um wieder hinein geklebt zu werden, revitalisiert im Geflecht der Sammlung. Eine Collage: Signum des Versatzstücks, des Versetzens je nach Bedarf. Neuguinea. Inuit. Sahara. Indianer: Es ist immer etwas anderes als die Begriffe sagen würden, immer mehr und weniger zugleich, eine Geste des Abstrahierens ohne dabei das Figürliche zu verlassen. Als würde Barek ein Sich-Versprechen in die Sprache einschleusen, ein Versprechen am Rand der Sprachlosigkeit, um dem Staunen das Wort zu reden. Zyklisch kehrt es wieder, Bild für Bild und Jahr für Jahr. Was sich abzeichnet, ist nur die Spur einer Gesetzmäßigkeit, ein Regelwerk für das Staunen, das sich weder an den Logos noch an die Logik hält. Was dann als Bild erscheint, ist der Moment, der das Staunen über den Augenblick hinaus festhält, um an die Kunst gebunden als Form der Erkenntnis wiederzukehren. Darin erfüllt die Serie von Barek auch die Aufgabe eines Museums, es bewahrt das Staunen in seiner Unhaltbarkeit, gibt sich als Museum des Staunens zu erkennen.

Franz A. Sagaischek

Bernhard Barek, Unvergleichlich. Eigenartig.



Die „Salzburger Suite“, eine Sammlung von sechs großformatigen Lithographien, wird 1982 in der Galerie Akademia in Salzburg präsentiert. Gemeinsam mit dem Flachdruckspezialisten Anton Drioli hat Barek hier auf Stein eine Serie verfasst, die quasi das bisher Erreichte noch einmal zusammenfasst, detailliert und mit einem gestalterischen Ausblick auf sein zukünftiges Werk versieht, der sich bestätigen sollte. Dargestellt sind sechs Beispiele des „Barekschen Figurentypus“ (Otto Breicha), bei dem das Formvokabular meist mehr dem Tierischen als dem Menschlichen mit einem gewissen Fellini-Bezug zu entnehmen ist.
Das Weltuntergangs-Triptychon des Hieronymus Bosch ist wohl nicht umsonst an seiner Ausbildungsstätte in der Wiener Akademie der Bildenden Künste ausgestellt. Zahlreiche phantastische Figuren und Fabelwesen füllen auf düstere Weise die großformatigen Tafeln, die meisten an ihren Attributen zu identifizieren. Das Symbolhafte ist im Werk Bareks stets vertreten. Dem belgischen phantastischen Visionär James Ensor, dem Meister der Maske und Vorläufer des Expressionismus, widmet Barek nicht nur sein Bild „Szene nach Ensor“ aus dem Jahr 1970. Das Allegorische wie die Maskerade ist stets im Œuvre Bareks vorzufinden. In der Mehrzahl dämonenhafte Skelette, von Otto Breicha so benannte „gotisch spitzbogige Wesen“, zeichnen die meisten seiner zwölf Zyklen. Breicha ist 1972-1980 Leiter des Kulturhauses in Graz und wird zum Mentor Bareks, was sich in mehreren Ausstellungen und Veröffentlichungen ausdrückt. Eine Schau im Kulturhaus Graz thematisiert einen Figurenzyklus, dargestellt durch Hexen und Hexer, meist Maskengesichter, die auch an javanische Schattenspielfiguren erinnern, eine weitere zeigt Hauslandschaften, Flugschiffe und Körperidolenfiguren ähnlich einem Johann Hauser. Die Bildauffassung ist zentral mit meist axial gesetzten Figuren, gelängt und mit Attributen versehen. „Barek macht aus Bildern Bilder“, wie Breicha 1976 meint. Sie zeigen, was im gegenseitigen Austausch am Hässlichen schön ist, am Banalen interessant, am Phantastischen wirklich. Trotzdem muss man seine Bilder nicht von der Wand nehmen, wenn Besuch angesagt ist, wie dies angeblich laut Otto Breicha bei Schiele-Bildern mitunter vorgekommen ist.